Besonders nachhaltig und wirtschaftlich ist das Maschinenkonzept, das der global agierende Zerspanungsdienstleister Andreas Mull Werkzeugbau und Zerspanungstechnik in Bockenem zur Bearbeitung von Getriebekomponenten für E‑Bikes einsetzt. Die Basis: eine dreiachsige Hyundai-WIA i‑CUT 400TD, erweitert um einen CNC-Drehtisch von pL Lehmann mit einer individuellen Spannvorrichtung. Als Dienstleister für jegliche Zerspanungsaufgaben muss das Unternehmen zudem maximal flexibel sein, um gegen internationale Mitbewerber bestehen zu können. Das Spektrum reicht zudem vom Prototyp bis zur Großserie mit Stückzahlen in Millionenhöhe.
Das Unternehmen, das im Werkzeugbau und der Einzelfertigung seinen Ursprung hat, ist stetig gewachsen. Als zu Kleinserien und mittelgroßen Aufträgen auch Anfragen aus der Automobilindustrie kamen, Aluminium- und Magnesium-Druckgussteile in Großserien zu bearbeiten, zögerten die Verantwortlichen nicht lange. Schließlich hatten sie in den vergangenen Jahren mehrfach bewiesen, dass sie auch solche Aufgaben beherrschen.
Schon die Maschinenwahl bestimmt den späteren Erfolg
Allerdings benötigt die Serienfertigung andere Abläufe. Deshalb hat der Zerspanungsdienstleister dafür ein eigenes Unternehmen gegründet. Die AM CNC-Präzisionstechnik GmbH ist mit 16 Beschäftigten in einer separaten Halle auf dem gleichen Betriebsgelände angesiedelt wie die Mull Werkzeugbau und Zerspanungstechnik mit ihren rund 40 Mitarbeitern.
Im Fokus
Hochwertige CNC-Drehtische aus der Schweiz
Seit mehr als 40 Jahren entwickelt und produziert pL Lehmann kompakte und zudem hochpräzise CNC-Drehtische. Das leistungsstarke Design bietet viele nützliche Features. Darunter sind etwa ein eingebauter Booster für die Spindelklemmung, ein internes Überwachungssystem aller wichtigen Funktionen, der Bluetooth-Zugang für den Fernservice und vieles mehr. Die Produktlinie bietet außerdem eine Vielzahl von Werkstückspannmöglichkeiten, einschließlich Optionen für die vollautomatische Be- und Entladung per Roboter. Das Sortiment gliedert sich in Getriebe- und Direktantrieb-Drehtische und bietet dank Baukasten-System zahlreiche Möglichkeiten.
Mull bedient Auftraggeber aus verschiedensten Branchen – aus der Automobil- sowie der Luft- und Raumfahrtindustrie, Elektromobilität, Fahrwerks- und Messtechnik sowie dem allgemeinen Maschinenbau. Kernkompetenz ist die Zerspanung von Stahl- und Aluminiumwerkstoffen, Magnesium, Titan und Kunststoffen.
Zeitgemäßer Maschinenpark
Die Experten des Unternehmens unterstützen auch bei Entwicklungsaufgaben und haben Erfahrung im Vorrichtungsbau und der Automatisierung. Darüber hinaus steht ein leistungsfähiger CNC-Maschinenpark zur Verfügung, der mit 5‑Achs-Bearbeitungszentren, Horizontalmaschinen mit Wechseltisch und Drehzentren unterschiedlichster Hersteller bestückt ist, in vielen Fällen automatisiert.
Wenn für einen interessanten Auftrag keine passende Maschinenkapazität zur Verfügung steht, investieren die Verantwortlichen passgenau für die gewünschten Produkte. Etwa für einen Auftrag, der verschiedene Gehäuse- und Getriebeteile eines E‑Bike-Motors umfasst. Neben verschiedenen einseitig zu bearbeitenden 3‑Achs-Teilen bestand die Herausforderung vor allem in einem unbeschichteten Magnesiumbauteil, das vorder- und rückseitig zerspant werden muss. Das sollte zudem möglichst in einem Arbeitsgang geschehen.
Mit dem Drehtisch zur präzisen Lösung
Hauptzeitparalleles Rüsten war Grundvoraussetzung, und eine weitere Automatisierung sollte in jedem Fall möglich sein. Außerdem ist die Verfügbarkeit ein K.O.-Kriterium. Schließlich entschieden sich die Zerspaner für das Konzept des Lösungsspezialisten ARO-tec aus Bielefeld. Es besteht aus vier Bohr-Fräszentren Hyundai WIA i‑CUT 400TD mit Wechseltisch, der eine Aufspannfläche von jeweils 650 × 400 mm bietet. Auch die anderen Maschinendaten wie die direkt angetriebene Spindel mit BBT30-Schnittstelle und einer maximalen Drehzahl von 12 000 min-1, Span-zu-Span-Zeiten von 1,72 s und Eilgängen bis 56 m/min passten für die Bearbeitung der maximal 300 mm großen Druckgussteile.
Um die beidseitig zu bearbeitenden Komponenten in einem Arbeitsgang zerspanen zu können, sollte eines der vier Bearbeitungszentren mit einer zusätzlichen Drehtischlösung von pL Lehmann erweitert werden. Hier entschieden sich die Verantwortlichen für die „Light“-Variante EA-507, da die Belastung verhältnismäßig gering ist. So reichen die Klemmwerte von 300 Nm vollkommen aus. Auch die anderen Leistungsdaten mit Drehzahlen bis 66,7 min-1, Vorschubmomenten bis 80 Nm und außerdem einer Taktzeit 180° bis 0,53 s konnten überzeugen.
Das Gegenlager zum Drehtisch erstellten die Zerspaner selbst
Zum Grundtisch konstruierten die Zerspaner die Spannvorrichtung sowie das Gegenlager selbst und setzten es zudem auch um. Die von Mull konstruierte Spannbrücke kann insgesamt vier Bauteile aufnehmen, von denen zwei einseitig und zwei beidseitig zerspant werden. Die Rückseitenbearbeitung geschieht nach einer 180-Grad-Drehung des Rundtischs über gefräste Durchbrüche in der Vorrichtung.
ARO-tec hat eine Lösung entwickelt, die Kabel sowie Leitungen durch den Tisch zu den benötigten Anschlüssen führt. Für die hydraulische Spannung der Bauteile wurden die Leitungen außerdem durch die Drehdurchführung des Lehmann-Tisches geführt: Ein Knackpunkt war zudem die Ansteuerung des Drehtisches und der Sicherheitssensoren über die Fanuc-CNC. Denn für die Hyundai WIA i‑CUT 400TD war die vierte und fünfte Achse zunächst nicht vorbereitet. unterstützt von pL Lehmann konnte ARO-tec die PLC vor Ort so anpassen, dass nun die Achse samt Spannvorrichtung und Sensoren komplett in die Maschinensteuerung integriert ist.
Drehtisch hilft beim Energiesparen
ARO-tec und pL Lehmann haben aus Maschine, CNC und Drehtisch ein perfekes System mit hoher Präzision geschaffen. So erreichen die Zerspaner beim Andreas Mull Werkzeugbau und Zerspanungstechnik zum Beispiel Positionstoleranzen von 0,05 mm auf Umschlag. Das gesamte System läuft zudem seit mehr als einem Jahr fehlerfrei. Der Platzbedarf ist minimal und der Stromverbrauch gering. Daran hat auch der pL-Lehmann-Drehtisch einen großen Anteil, denn er benötige deutlich weniger Energie als eine große, festverbaute Tischachse. Auch die weiteren Schritte stehen bereits fest. Als nächstes gehen die Zerspaner die Automatisierung mit einer vorgeschalteten Roboterzelle an. Dann, so sind sich die verantwortlichen sicher, wird das Fertigungssystem wirtschaftlich noch attraktiver.