Im Formenbau ist Präzision wichtig, sie darf jedoch nicht zum teuren Selbstzweck werden. Entscheidend ist die Sicht des Auftraggebers auf das angebotene Kosten-Nutzen-Verhältnis. Für den Formenbauer ist es daher notwendig, aus vorhandenen Technologien das Optimum herauszuholen und bei der Auswahl geeigneter Maschinen, Werkzeuge und Software-Tools besondere Sorgfalt walten zu lassen.
In der Geschäftsführung bei Walther Wolf in Wendelstein hält man sehr viel von Präzision, aber eben nicht als Selbstzweck. Bei der Herstellung von Spritzgießwerkzeugen muss sich, so die maxime, jeglicher zusätzliche Aufwand in besseren Gebrauchseigenschaften bemerkbar machen. Zu letzteren gehören die Qualität der produzierten Teile, der Wartungsaufwand inklusive der Möglichkeit, Ersatzteile ohne manuelle Anpassung einsetzen zu können. Darüber hinaus auch die Lebensdauer der Form. Das Geschäftsmodell bei Walther Wolf setzt vor allem darauf, Produktionsmittel und Verfahrenstricks besser als andere zu nutzen. So wollen die Formexperten bei moderat höheren Preisen einen deutlich größeren Mehrwert etwa bei Produktivität, Spaltmaßen, Haltbarkeit und Reparaturaufwendungen schaffen. Dies insbesondere, da man viele Werkzeugen für dünnflüssige Duroplaste fertigt, die besondere Anforderungen an die Formtrennung stellen. Um dies zu erreichen, werden unter anderem hochgenaue Drahtschneide- und Flachschleifmaschinen eingesetzt.
Zusätzliches Knowhow im Formenbau mit Service und Vermessung
Wer auch die Fehler anderer kennenlernt, gewinnt zusätzliches Knowhow für die Verbesserung der eigenen Produkte. Gelegenheit hierfür bietet der seit Jahren systematisch aufgebaute Mess- und Reparatur-Service. Den bietet das unternehmen nicht nur für eigene, sondern auch für anderweitig hergestellte Formen und Bauteile an.Schon seit etwa 2005 sind die Verantwortlichen überzeugt, dass der beste Weg zu kostengünstiger Hochpräzision die automatisierte HSC-Komplettbearbeitung im gehärteten Zustand ist. Die vorher übliche Arbeitsfolge aus Weichzerspanung, Härtebehandlung und abschließendem Finishen mittels Hartzerspanung war sowohl zeitraubend als auch teuer. Ebenso sah man, dass man das Erodieren in vielen Anwendungen mit dem wirtschaftlicheren Hartfräsen ersetzen kann.
Bei der Suche nach geeigneten HSC-Fräsen hat das Team bei Walther Wolf mehrfache Enttäuschungen auch bei renommierten Herstellern erlebt. Im Oktober 2008 beschafften die Verantwortlichen dann eine fünfachsige Röders RXP 500 DS. Die hat die Erwartungen so gut erfüllt, dass schon im April 2009 eine weitere, größere Fünfachsmaschine installiert wurde. Eine Röders RXP 600 DSH. Mit diesen Maschinen wird nun nicht nur die geforderte Hartbearbeitung durchgeführt. Auf diesen Zentren fertigen die Formexperten natürlich auch die nach wie vor benötigen großen Mengen an Elektroden aus Kupfer und – überwiegend – Graphit.
Dank dauerhafter Präzision ist man mit den Anlagen „sehr zufrieden“
Nach Installation der ersten Maschine folgte eine längere Lernphase, denn das Hartfräsen erfordert spezielle Herangehensweisen. Auch heute noch finden die Zerspaner jeden Tag Möglichkeiten für Verbesserungen. Dazu gehört auch die Auswahl und Schulung des Personals. Es hat sich gezeigt, dass nicht jeder Mitarbeiter mit der Umstellung vom Weich- auf das Hartfräsen problemlos zurechtkommt. Inzwischen verfügt das Unternehmen über eine Fülle von Knowhow auch mit Blick auf CAM-Strategie und Werkzeugauswahl. Das trägt dazubei, sich einen Vorsprung im Wettbewerb zu erarbeiten. Deutlich zeigt sich das bei der Beteiligung an Benchmark-Bearbeitungen mit anderen Betrieben. Fallweise kommen inzwischen sogar Aufträge für Probebearbeitungen für externe Kunden herein.
Im Fokus
Präzision im Formenbau
Beide Röders-Anlagen sind seit ihrer Anschaffung im Dauereinsatz und überzeugten mit Zuverlässigkeit und Langzeitgenauigkeit. Große Vorteile zieht man auch daraus, dass sich die Röderssteuerung RMS als PC-Steuerung einfach updaten lässt. So nutzen die Formenbauer immer den aktuellen Leistungsstand der Röders-Softwareentwicklung. Um ihren Maschinenpark aktuell erneut zu bewerten, haben die Verantwortlichen im Jahr 2021 die immerhin über 10 Jahre alten Maschinen gegen eine nagelneue Anlage eines Wettbewerbers getestet. Die Maschinen haben dabei mit Bravour bestanden.
Ein zusätzlicher Pluspunkt gerade in der heutigen Zeit ist der geringe Stromverbrauch der Linear-Direktantriebe, da diese komplett reibungsfrei arbeiten. Besonders heben dei verantwortlichen bei Walther Wolf den Gewichtsausgleich der Z‑Achse vor. Der ist im Alltag deutlich spürbar. Zudem ist die direkte Längungskompensation der Spindel. Absätze etwa bei Richtungswechseln oder Werkzeugwechseln damit Vergangenheit. Für die Verantwortlichen war diese Beschaffung eine der vorteilhaftesten Investitionen in der Geschichte des unternehmens. Begeistert sind sie auch von der Langlebigkeit der Maschinen. Nach deutlich mehr als zehn Jahren Betrieb ist keine Macke erkennbar, und die Genauigkeit ist wie am ersten Tag. Aufgrund der kostengünstigen Updates hat sich der Nutzen der Maschinen sogar noch weiter erhöht.
Mediumverteiler ermöglicht höchste Präzision
Wegen der hohen Werkzeugbelastung setzte Walther Wolf bei den Röders-Anlagen ursprünglich auf interne KSS- und Emulsionszuführung übers Fräswerkzeug mit 40 bar Druck. Die Zerspaner haben allerdings festgestellt, dass dies der angestrebten Genauigkeit nicht zuträglich war. Die Verdunstung des im KSS vorhandenen Wassers erzeuge im Arbeitsraum erhebliche Abkühlungseffekte. Und die sind in ihrer Höhe weder vorhersehbar noch beherrschbar. Dies verursachte Toleranzprobleme bei den erzeugten Bauteilen, insbesondere auch beim Wechsel zwischen verschiedenen Werkstoffen wie Stahl, Kupfer oder Graphit.
In dieser Situation testeten die Fachleute verschiedene Alternativen zur internen KSS-Kühlung . Dabei überzeugte der Mediumverteiler von MHT. Dieser besteht aus einer doppelwandigen Hülse mit nach unten gerichteten Düsen. Diese Hülse umschließt den Werkzeugschaft, rotiert jedoch nicht mit diesem, so dass das Kühlmedium optimal die Bearbeitungsstelle erreicht. Hülse und Werkzeug stehen als Einheit im Magazin bereit und werden mit einem modifizierten Wechsler gleichzeitig transferiert. Dabei dockt der Mediumverteiler fest an eine Schnittstelle seitlich unterhalb der Z‑Achse an. Dort wird er mit Druckluft sowie einem sehr sparsam dosierten kohlenwasserstoffbasierten Schmiermedium versorgt.
Zusätzliche Vorteile im Formenbau
Die Schmierwirkung bei Einsatz des Mediumverteilers ist nach Meinung der Verantwortlichen derjenigen anderer Medien weit überlegen. Und das ungeachtet der extrem geringen Mengen von wenigen Gramm pro Stunde. Es kam zu erheblichen Verbesserungen sowohl der Oberflächenqualität als auch der Werkzeugstandzeiten. Zudem verschmutzt der Arbeitsraum selbst bei der Bearbeitung von Graphit nicht mehr. Bei diesem Werkstoff wird über den Mediumverteiler lediglich zielgerichtet Druckluft zugeführt. So kabb der Bediener die Maschine sehr leicht reinigen.
Als Segen für die Präzision der Werkstücke erwies sich auch der Wegfall des KSS-Nebels, der im gesamten Arbeitsraum waberte. Dadurch bleiben die HSK-Schnittstellen der Fräswerkzeuge sauber, so dass auch hier keine Gefahr von Ungenauigkeiten zu befürchten ist. Das Resultat sind bessere Oberflächen und höhere Genauigkeiten. Zudem habe sich bemerkbar gemacht, dass nach der Umstellung das gesamte Umfeld trockener war und sauberer blieb. Ein weiterer Vorteil ergibt sich beim Platzbedarf, weil ohne die KSS-Versorgung 30 % weniger Hallenplatz benötigt wird. Ohne die 4,2‑kW-Pumpe der KSS-Versorgung wurde zudem jährlich ein mittlerer bis hoher dreistelliger €-Betrag an Stromkosten eingespart. Angesichts der Entwicklung bei den Stromkosten dürfte der Einspareffekt in Zukunft noch erheblich deutlicher ausfallen. Auch entfallen mögliche Allergiegefahren durch die vernebelte Emulsion.
Vollautomation für 24/7‑Einsatz im Formenbau
„Aufgrund unserer Geschäftsphilosophie, ein Mehr an Kundennutzen eher anzustreben als den billigstmöglichen Preis, haben wir es im Wettbewerb nicht leicht“, bedauert J. Dorlöchter. Deshalb werde alles getan, um die Kosten wo irgend möglich zu senken. Ein wichtiger Hebel hierfür sei eine weitestgehende Automation der Fertigung, die einen 24/7‑Betrieb ermöglicht. Die entsprechende Linie um einen Linearroboter von ZK Systems umfasst aktuell neben den zwei Röders-Fräsbearbeitungszentren sowie drei Senkerodieranlagen zwölf Magazine für Werkzeuge, Greifer und Werkstückpaletten in drei verschiedenen Größen mit insgesamt 1700 Speicherplätzen, eine Waschanlage, eine Koordinatenmessmaschine sowie eine Anlage für das Lasergravieren. Auch hier zeigten sich besondere Vorteile der Röders-Anlagen, da sie über eine separate Klappe zum internen Werkzeugmagazin verfügen, über die Werkzeuge ohne Unterbrechung des Zerspanungsprozesses hauptzeitparallel ein- und ausgelagert werden können.
Ein weiterer Pluspunkt der Röders-Fräsen ist die besonders zuverlässige Vermessung der Fräswerkzeuge. Vor ihrer Abtastung mithilfe eines Lasers werden sie durch zwei Düsen gereinigt, von denen die eine Reinigungsflüssigkeit versprüht, während die zweite anschließend die gelösten Verschmutzungen mittels Pressluft beseitigt. Eine weitere Besonderheit ist die Möglichkeit, bei besonders kleinen Werkzeugen, die schmaler sind als der Laserstrahl, einen spezifischen Korrekturfaktor für den Schwellwert der Abschattung vorzugeben. Dies liefere einen wichtigen Beitrag für jenen zusätzlichen „Tick“ an Genauigkeit, auf den das Unternehmen besonderen Wert legt.