Den Menschen in den Mittelpunkt stellen – Maßnahmen gegen den Fachkräftemangel im Werkzeug‑, Modell- und Formenbau. Das war der Folkus der mittlerweile siebten Netzwerk-Veranstaltung von Tebis Consulting. Das Thema „Fachkräftemangel“ ist omnipräsent. Kein Wunder: Branchenübergreifend sind mehr als eine Million Stellen unbesetzt. Vor allem im Handwerk, im Bereich Ausbildung, in technisch-naturwissenschaftlichen Berufen fehlen passende Bewerber. Den Werkzeug‑, Modell- und Formenbau trifft der Mangel deshalb besonders hart. Für eine Ausbildung als Werkzeugmacher entscheiden sich kaum noch junge Menschen. Die von Tebis Consulting organisierte Netzwerk-Veranstaltung „Zukunft im Visier“ nahm genau diese Problematik in den Blick. Die Referenten beleuchteten Hintergründe, Lösungsansätze und konkrete Maßnahmen. Etwa 70 interessiete Teilnehmer diskutierten anschließend in Breakout Rooms mit.
Die Veranstaltung lief unter dem Motto „Fachkräfte, Generation Z, Arbeitsmodelle: New Work im Werkzeug‑, Modell- und Formenbau“. Während der zweistündigen Abendveranstaltung vermittelten der Vortrag von Britta Strunz, Geschäftsführerin Krause Präzisions-Kokillenguss, und die anschließende Podiumsdiskussion mit Dennis Pieper, Geschäftsführer Brinkmann Formenbau, und Manuel Obergfell, Facharbeiter bei Stolz & Seng Kunststoffspritzguss und Formenbau, was vor allem die junge Generation an Arbeitnehmern sich wünscht und durch welche Maßnahmen Unternehmen für potenzielle Bewerber attraktiver werden können.
Konkrete Maßnahmen stellen die Mitarbeiter in den Mittelpunkt
Im Impulsvortrag sprach Britta Strunz zunächst über die Bedeutung eines gesunden Arbeitsklimas und wie sich ihr Unternehmen dahingehend verändert hat. Das 1977 gegründete Unternehmen war lange Zeit ein „Selbstläufer“, wie es Strunz nennt. Als sie selbst 2010 in die Geschäftsführung eintrat, konnte sie bei Krause die Auswirkungen der Finanzkrise spüren. Aber auch andere Probleme der sich wandelnden gesellschaftlichen Rahmenbedingungen sorgten für schwierige Zeiten. In der Konsequenz nahm Strunz eine Reihe von Veränderungen und Umstrukturierungen vor. Das Motto dabei: „Mensch sein erlaubt“.
Im Fokus
Zukunft im Visier
Das kostenlose Veranstaltungsformat „Zukunft im Visier“ von Tebis Consulting hat es sich zum Ziel gesetzt, aktuelle Trends und Problemstellungen, die für den Werkzeug‑, Modell- und Formenbau im deutschsprachigen Raum von besonderer Bedeutung sind, zu beleuchten. DasUnternehmen möchte mit diesem Veranstaltungsformat dazu beitragen, die Werkzeug‑, Modell- und Formenbaubranche zu stärken.
Im Rahmen der Initiative „lebenswert“ hat sie deshalb ein betriebliches Gesundheitsmanagement mit eigenem Magazin eingeführt. Kostenloses Obst, Müsli oder Wasser, gemeinschaftliche Aktivitäten und zahlreiche Weiterbildungsmöglichkeiten bereichern außerdem den Arbeitsalltag der Mitarbeitenden.
Gute Bedingungen gegen den Fachkräftemangel
„Es geht einfach darum, den Mitarbeitenden etwas Gutes zu tun. Und das ist auch nicht zwangsläufig mit großen Investitionen verbunden“, so Strunz. Denn dass die Belegschaft sich im Unternehmen wohlfühlt, ist angesichts der sich verändernden Bedingungen am Arbeitsmarkt entscheidend. Nicht nur, um Fachkräfte zu gewinnen. Sondern auch, um diese darüber hinaus dann im Unternehmen zu halten.
Laut Strunz ist es dabei jedoch nicht unbedingt zielführend, bestimmte Benefits anhand einer Liste abzuarbeiten. Es geht vielmehr um die innere Einstellung. „Das Wichtigste ist, dass die Führungskräfte stets offene Ohren und Arme haben. Und dass sie bereit sind, sich der Bedürfnisse der Mitarbeiter anzunehmen und ihnen Aufmerksamkeit zu schenken. Dabei sollte man sich stets fragen: Wie würde ich selbst von meiner Führungskraft behandelt werden wollen?“, erklärt die Unternehmerin. Sie ergänzt: „Wer eine positive Einstellung zum Betrieb und den Mitarbeitenden hat, strahlt das auch aus. Und zieht damit dann auch die passenden Menschen an.“
Flexibilität statt Fachkräftemangel
Als junger Geschäftsführer beim Brinkmann Formenbau kennt Dennis Pieper sowohl die Bedürfnisse der Arbeitnehmer der sogenannten Generationen X und Z als auch die der Unternehmen. „Unsere Südoldenburger Region Lohne ist ein Ballungszentrum der Kunststoffverarbeitung, deswegen sind Fachkräfte stark umworben“, sagt der Geschäftsführer. Hinzu kommen die Denkweisen der jüngeren Generation – deren Fokus stark auf Teamwork und Selbstverwirklichung liegt. Begegnen sollte man dem laut Pieper mit Offenheit gegenüber Veränderungsprozessen.
Bei Brinkmann Formenbau herrscht deshalb der Anspruch, möglichst individuell auf Mitarbeitende einzugehen – ohne dass die Prozesse dadurch beeinträchtigt werden. „Möglich ist sehr viel: Im Endeffekt bedeutet es nur einen Mehraufwand an Organisation. Und den kann man stemmen“, erläutert Pieper. So schreiben die Verantwortlichen im Unternehmen beispielsweise das Thema Flexibilität ganz groß. Einerseits werden die Intervalle zwischen einem geringeren und hohen Auftragsvolumen immer kürzer. Und die damit einhergehende Mehrbelastung für die Mitarbeitenden erhöht sich weiter. „Dafür geben wir aber auch wieder etwas zurück und ermöglichen es, Beruf und Familie bestmöglich miteinander zu vereinbaren“, betont Pieper. „Wenn beispielsweise Kinder in die Schule gebracht oder Angehörige versorgt werden müssen. Einige Mitarbeiter haben auch schon in eine Vier-Tage-Woche gewechselt.“ Möglich ist das mit einer gezielten Optimierung von Prozessen, so dass Mitarbeiter anfallende Tätigkeiten effizient abwickeln können. Die Mitarbeiter gewinnen damit deutlich mehr Freiraum.
Selbstverwirklichung und lebenslanges Lernen als zentrale Werte
Dass genau diese Flexibilität einen zentralen Wert für die jüngere Generation darstellt, bestätigt auch der 21-jährige Werkzeugmechaniker-Geselle Manuel Obergfell von Stolz & Seng. „Über die eigene Lebenszeit verfügen zu können, ist mir sehr wichti“, erklärt er. „Natürlich bin ich bereit, Überstunden zu machen, wenn etwas dringend ist. Aber dafür möchte ich auch die Freiheit haben, an anderen Tagen früher nach Hause zu gehen. Beispielsweise, um bei Gelegenheit das schöne Wetter für einen Ausflug zu nutzen.“
Zu bemerken ist auch, dass der Fachkräftemangel kleine und mittelständische Unternehmen härter trifft als Konzerne. Das Marketingbudget ist geringer, entsprechend auch die Bekanntheit. „Doch kleinere Unternehmen sind viel eher in der Lage, mit flexiblen Modellen und Zwischenmenschlichem zu punkten – das kann ein entscheidender Vorteil sein“, erklärt Strunz. Wenn Obergfell an seine Schulzeit denkt, ist sein Appell, junge Menschen dort gezielt anzusprechen und abzuholen. Regionale Ausbildungsmessen und Veranstaltungen sind eine gute Möglichkeit, das eigene Unternehmen bekannt zu machen. Und mit Praktika wiederum können angehende Azubis das Arbeitsklima kennenlernen.
Konkrete Maßnahmen zur Selbstverwirklichung
Besonders wichtig ist dabei auch: „Zu meiner Zeit hieß es von allen Seiten ‚studieren, studieren, studieren‘ und dieses Mantra hält viele davon ab, den Weg einer handwerklichen Ausbildung einzuschlagen. Jungen Menschen muss deshalb kommuniziert werden, dass eine Ausbildung keine Sackgasse ist, sondern dass das lebenslange Lernen immer weitergeht – wer studieren will, kann das später genauso gut“, erklärt Obergfell.
Wichtig ist in diesem Zusammenhang auch, Entwicklungsmöglichkeiten für Berufseinsteiger zu schaffe. Konkrete Maßnahmen sind etwa eigene Verantwortungsbereiche und Projekte. Dazu Obergfell: „Uns fehlt die Erfahrung, deswegen kann es natürlich passieren, dass manchmal etwas nicht so gut klappt. Nichtsdestotrotz bringt meine Generation viele frische Ideen mit – und damit aus diesen Leuten kompetente, kreative und motivierte Mitarbeiter werden, muss man ihnen eigene Erfahrungen auch zugestehen. Denn nur, wer sich selbst verwirklicht, kann seine Arbeit auch mit dem nötigen Herzblut angehen.“