Zu einem „Treffpunkt Werkzeugbau“ mit komprimiertem Wissenstransfer hatte der Verband Deutscher Werkzeug- und Formenbauer (VDWF) in die Göppinger Niederlassung des japanischen Präzisionswerkzeugherstellers OSG eingeladen. Mehr als 70 Interessenten waren gekommen, um den ausgewählten Beiträgen hochkarätiger Referenten zu folgen, aber auch, um sich im Netzwerk auszutauschen und Kointakte aufzufrischen. Eine offene Atmosphäre förderte den Gedankenaustausch – die Teilnehmer bekamen wertvolle Impulse für die strategische Ausrichtung ihres Unbternehmens, aber auch für dir täglichen Herausforderungen des Arbeitsalltags. Neben OSG unterstützten als Sponsoren die Unternehmen Exeron, Oelheld und Tecnorm die Veranstaltung.
Mit aktuellen Informationen über die verschiedenen Aktivitäten des vom VDWF eröffnete VDWF-Geschäftsführer Ralf Dürrwächter das Programm. In diesem Jahr prägen zahlreiche Messen mit Gemeimnschaftsständen des VDWF die Agenda. Das Spektrum reicht von der Kuteno über die MedTec, die Moulding Expo bis hin zur Fakuma.. Aber auch Netzwerkveranstaltungen wie der „Treffpunkt Werkzeugbau“ oder die „Voll wild“-Geschäftsführertreffs bieten die Gelegenheit, sich auszutauschen und gleichzeitig die Branche zu stärken. Dazu trägt auch der Austausch mit der Politik bei. Wichtige Schritte, um den Verantwortlichen in Bundes- und Länderparlamenten die immense Bedeutung der Schlüsselbranche für die heimische Industrie und damit für den Standort Deutschland zu verdeutlichen.
Dass die Industrie mit ihrer Schlüsselbranche nicht immer pfleglich umgeht, zeigten die Zahlen, die Jens Lüdtke von Tebis Consulting in seinem Beitrag „Eine Branche im Wandel – Trends und Herausforderungen im Werkzeug‑, Modell- und Formenbau“ präsentierte. So verglich Lüdtke, der gleichzeitig ehrenamtlich als Vorstandsmitglied und als Gutachter in der genosssenschaftlichen Benchmark-Initiative „Marktspiegel Werkzeugbau“ aktiv ist, die Entwicklung der Kosten mit den zu erzielenden Preisen. Deutlich wurde, dass die Entwicklung der Margen den Unternehmen dieser investitions-intensiven Branche kaum Raum für Innovation lässt. Für das Jahr 2020 weisen die im Marktspiegel gesammelten Branchendaten mit – 8,26 Prozent sogar eine negative Umsatzrendite aus. Das hat viele Gründe. Von steigenden Energiekosten über den Preisdruck seitens der Auftraggeber bis hin zur Wettbewerbsverzerung aufgrund hoher Subventionen etwa seitens China und anderer Staaten.
Treffpunkt Werkzeugbau für mehr Effizienz
Inzwischen arbeiten daher viele Unternehmen daran, ihre Produktivität und Effizienz zu verbessern. Denn viele Maschinen in Werkzeug- und Formenbauunternehmen laufen im Jahr gerade einmal um die 2000 h. Statt der maximal verfügbaren 8760 h. Da gibt es noch großes Potenzial für Verbesserungen. Lüdtke plädiert dafür, mit weniger Maschinen zu fertigen – dafür aber effizienter. Unter anderem mit Hilfe von Digitalisierung und Automatisierung lassen sich beispielsweise die Spindellaufzeiten erhöhen und die Maschinen zudem produktiver nutzen.
Während Pandemie und Lockdown in China war zu spüren, dass viele der Auftraggeber ihre Projekte wieder hierzulande vergeben. Das Bewusstsein für die Vorteile lokaler Lieferketten schien neu erwacht. Seit China aber die Corona-Maßnahmen aufgehoben hat, sind offenbar auch die guten und richtigen Vorsätze vergessen. Maßstab, so scheint es, ist inzwischen oft wieder der billigste Preis. Abhängigkeiten nimmt man in Kauf, verlagert teilweise auch die Produktion uns Ausland.
Wissenstransfer bei OSG
Damit gerät die heinischen Zulieferer weiter unter Druck. Mit fatalen Folgen für den Standort Deutschland. Denn das, was in andere Länder verlagert wird und die Unternehmen, die vom Markt verschwinden, sind weg. Und zwar meist für immer. Mit einem Maßnahmenplan aus 6+2 Schritten zeigte Lüdtke, wie Unternehmen auf die aktuellen Herausforderungen reagieren können. Und wie sie sich wettbewerbsfähig aufstellen können.
Im Fokus
Die vom Verband deutscher Werkzeug- und Formenbauer initiierte Terminserie „Treffpunkt Werkzeugbau“ geht in den Hotspots des deutschsprachigen Werkzeugbaus auf Tournee.Ausgelegt als „Feierabendformat“ mit Beginn ab 16 Uhr bieten die Veranstaltungen kurze Vorträge zu interessanten Themen, eine Betriebsführung beim Gastgeber und anschließendes Netzwerken mit kulinarischer Begleitung.Die Veranstaltung ist offen auch für Nichtmitglieder. Herzlich eingeladen sind alle Interessierten des Werkzeug- und Formenbaus, ebenso dessen Auftraggeberund Zulieferer. In der Regel kommen die Teilnehmer aus einem Umkreis von rund einer Autostunde zum Veranstaltungsort.
Dokumentation ist für viele eine lästige Pflicht – muss eben sein, zumindest mal fürs nächste Audit. Dass es auch anders sein kann, zeigt Mario Schubert von Process Gardening mit seinem Beitrag „Mache die Pflicht der Dokumentation zu deinem Erfolgsfaktor – 7 Prinzipien“. Denn wenn man die Dokumentation tatsächlich für das eigene Unternehmen schreibt und nutzt, wird sie zur gelebten „Best Practice“. Das setzt voraus, dass Dokumentation zu einer von allen gelebten Unternehmenskultur wird. Etwas, das aus der Praxis und von den Mitarbeitern kommt. Und das den Nutzen auch in der täglichen Arbeit der mitarbeiter entfalten kann. Denn eine kontinuierliche, lebendige und Veränderungen aufgreifende Dokumentation ermöglicht die systematische und unternehmensweite Umsetzung von Verbesserungen im Prozess.
Transparenz beim Treffpunkt Werkzeugbau
Welche Chancen der 3D-Druck im Stanzwerkzeugbau eröffnen kann, zeigte Günther Rehm von der Webo-Tochter Kolibri. Aus der Praxis und dem Bedarf an maßgeschneiderten Werkzeugkomponenten mit bestimmten Eigenschaften heraus waren die Werkzeugbauer in die Welt der additiven Fertigung eingestiegen. Und da sie erkennen mussten, dass die bisher am Markt erhältlichen Maschinen für ihre Ansprüvhe nicht geeignet waren, entwickelten sie ihre eigenen 3D-Drucker. Die können nun auch Metalle verarbeiten, die mit Zusatzstoffen dotiert wurden, um beispielsweise einen guten mechanischen Verschleißschutz zu erzielen. Eine der Herausforderungen war, zu verhindern, dass sich die einzelnen oft unterschiedlöichen Komponenten des zu verarbeitenden Pulvers entmischen. So werden Eigenschaften möglich, die sich mit klassischen 3D-Druckern nicht erzielen lassen. Beispielsweise extrem verschleißfeste Aktivteile in Stanz- und Umformwerkzeugen. Hier hat das oberschwäbische Unternehmen inzwischen einen reichen Erfahrungsschatz.
Das Thema Nachhaltigkeit gewinnt auch im Werkzeug- und Formenbau immer mehr an Bedeutung. Und es wird, getrieben von den sich weiter verschärfenden gesetzlichen Rahmenbedingungen, künftig alle Unternehmen betreffen. Wolfram Heger von Dr. Heger + Experten, Leiter des Arbeitskreises Nachhaltigkeit beim VDWF, zeigte, dass auch kleine Unternehmen künftig ihren Auftraggebern den Nachweis über ihre nachhaltige Prozesse und Strukturen erbringen müssen. Denn die wiederum müssen Nachhaltigkeit über die gesamte Entstehung ihrer Produkte nachweisen. Und da fließen die Werte aus den Lieferketten vollumfänglich mit ein. Damit wird Nachhaltigkeit imn den eigenen Prozessketten neben Preis und Termin ein bedeutender Wettnbewerbsfaktor auch für kleinste Zulieferer. Die Nase vorn hat, wer bereits jetzt anfängt. Etwa damit, zu definieren, was Nachhaltigkeit für das eigene Unternehmen überhaupt bedeutet. Und dann die richtigen Maßnahmen abzuleiten und umzusetzen. Das Wissen dazu gibt’s beim VDWF-Arbeitskreis Nachhaltigkeit – und im Kompendium Nachhaltigkeit.
OSG bietet auch Wissenstransfer auf Augenhöhe
Der japanische Präzisionswerkzeughersteller OSG hat seit langem ein breites Spektrum an Werkzeugen im Portfolio, die speziell für die Anforderungen desWerkzeugbaus ausgelegt sind. Dazu gehört beispielsweise ein umfassendes Angebot an hochpräzisen, qualitativ hochwertigen Schaftfräsern. OSG ist mit seiner deutschen Niederlassung in Göppingen jedoch weit mehr als nur Werkzeuglieferant. Im Technikum vor Ort können die OSG-Experten in Probebearbeitungen Herausforderungen für die Anwender lösen. Und die Akademie, in der die Referenten beim Treffpunkt Werkzeugbau ihre Vorträge hielten, sorgt für den Know-how-Transfer in die Branche. Neben Geschäftsführer Michael Rupp und seinem Team hieß auch Bobby Osawa, der Enkel des OSG-Unternehmensgründers, die Teilnehmer der Veranstaltung willkommen.
Ein Betriebsrundgang mit tiefen Einblicken in die Produktion des Präzisionswerkzeugherstellers, an dem ganz selbstverständlich auch Vertreter von OSG-Marktbegleitern teilnahmen, rundete den Treffpunkt Werkzeugbau ab. Diese Offenheit prägte auch das Netzwerken und den Austausch der Teilnehmer untereinander. Gut so. Denn die Herausforderungen an die Branche, die in Zukunft sicher nicht kleiner werden, lassen sich gemeinsam und mit Transparenz und gegenseitigem Vertrauen deutlich leichter bewältigen.