Die Gerhardi Kunststofftechnik GmbH in Lüdenscheid ist ein Vorreiter in Sachen Umweltschutz und Nachhaltigkeit. So legten die Verantwortlichen beim Bau ihres neuen Werkes an der Rosmart großen Wert auf Energieeffizienz. Besonders im Fokus: die Materialtrocknung und ‑logistik, die die Spritzgussexperten zusammen mit ihrem Partner Wenz Kunststofftechnik realisiert haben.
Das Unternehmen Gerhardi Kunststofftechnik ist weltweit einer der führenden Entwickler und Produzenten für galvanisierte und technisch anspruchsvolle Kunststoffteile. Die rund 1600 Mitarbeiter fertigen hochwertige Produkte für den automotiven Interieur- und Exterieurbereich. Dabei sind bei den Spritzgussteilen zum einen die hohe Qualität des Kunststoffsgranulats und zum anderen die makellose Oberfläche des Rohteils die zentralen Voraussetzungen für die spätere Veredelung mittels Galvanik oder Lackierung.
Nachhaltige Ausrichtung der gesamten Produktion
„Wir arbeiten dabei sehr eng mit den Experten aus der Galvanik zusammen“, erläutert Jörg Vossen, Leiter Spritzguss am Standort Rosmart. „Wer makellose Kunststoffteile produzieren und verchromen will, benötigt neben einem hochwertigen und leistungsfähigen Maschinenpark ein einwandfreies Ausgangsmaterial im optimalen Zustand.“
So darf der Wassergehalt im Kunststoffgranulat bestimmte Höchstwerte nicht übersteigen. Es besteht das Risiko, dass das Wasser im Spritzgussprozess zu unerwünschten Phänomenen führt – wie etwa Poren im Material oder Schlieren auf der Oberfläche der Bauteile. Deshalb gehört im anspruchsvollen Spritzguss das Trocknen des Granulats zum Standard, um das dort vorhandene Wasser möglichst bis zu einem genau definierten Grad zu entfernen.
Materialtrocknung und ‑logistik bietet großes Potenzial
Dazu wird das Granulat klassischerweise in speziellen Adsorptionstrocknern zunächst aufgeheizt. Erwärmte Luft kann mehr Feuchtigkeit aufnehmen – das Granulat kann Wasser abgeben. Die warme feuchte Luft wiederum fließt anschließend über hygroskopisches Material (in der Regel Silicagel). Diese Adsorptionstrockner sind derzeit die am weitesten verbreitete Variante zur Granulattrocknung. Und dass, obwohl diese Vorgehensweise alles andere als effizient und nachhaltig ist.
„Bei dieser Trocknervariante entsteht im laufenden Betrieb eine Menge Abwärme, die unkontrolliert in die Halle abgegeben wird“, berichtet Vossen. „Außerdem muss das Trocknungsmittel in mehr oder weniger regelmäßigen Abständen mittels Erhitzens auf hohe Temperaturen regeneriert werden.“
Silicagel ist keine nachhaltige Lösung
Das ist zeit- und energieintensiv und darüber hinaus verliert das Mittel jedes Mal einen Teil seiner Fähigkeit zur Wasseraufnahme. Es muss also irgendwann ausgetauscht werden, zudem ist Silicagel in der Herstellung extrem CO2-Intensiv. „Wir bei Gerhardi setzen aus diesem Grund seit geraumer Zeit auf ein anderes Trocknungsprinzip“, erklärt Vossen. „Die Drucklufttrockner unseres Anlagenpartners Wenz.“
Im Fokus
Zweikreis-Drucklufttrockner qip
Die Drucklufttrockner für Kunststoffgranulat arbeiten mit der beim Anwender zur Verfügung stehenden Druckluft. Expandiert die Druckluft, kann sie aufgrund ihres niedrigen Taupunkts sehr gut Wasser aufnehmen – das kann man sich zur Trocknung von Kunststoffen zunutze machen. Die entspannte, sehr trockene Luft wird entweder per Heizung oder via Wärmetauscher über Abwärme aufgeheizt – angepasst an das jeweilige Material. Sie erwärmt beim langsamen Durchströmen das Kunststoffgranulat, nimmt die Feuchtigkeit aus dem Kunststoff auf und trägt sie so aus dem Material aus.
Bereits vor 20 Jahren waren bei Gerhardi die ersten Druckluft-Trockner von Wenz im Einsatz. Diese Drucklufttrockner nutzen den physikalischen Effekt eines reduzierten Taupunkts bei der Expansion von komprimierter Luft. Die an sich schon trockene Prozessluft wird darüber hinaus noch im Trockner erwärmt und kann somit beim Durchleiten durchs Granulat nochmals mehr Wasser aufnehmen. Das Resultat dieses Vorgehens ist ein effizienter Trockenprozess.
Als vor rund drei Jahren der Umzug der Produktion vom alten Standort im Zentrum Lüdenscheids in das Industriegebiet Rosmart in Altena anstand, war klar, dass die bisherige Trocknung nicht mit umziehen konnte. Da die Trockner ein wichtiger Baustein in der Materiallogistik sind, sind diese im neuen Werk direkt implementiert worden. Umgesetzt haben die Spritzgussspezialisten das System mit den Experten von Wenz.
Umfassende Erfahrung
„Mit Wenz ist über zahlreiche Projekte in der Vergangenheit eine solide Vertrauensbasis gewachsen“, erklärt Vossen. „Die Kunststofftechnik-Experten haben eine umfassende Erfahrung, die wir für unser Projekt sehr gut einsetzen konnten.“
Das neue Werk ist auf einen geringen CO2-Fußabdruck hin optimiert. Geplante Solarzellen erzeugen in Zukunft elektrische Energie, ein Schichtenspeicher verteilt nach Bedarf die Wärme in die einzelnen Produktionsbereiche. Für die Kunststofflogistik und insbesondere die Materialtrocknung haben die Verantwortlichen einen energetisch günstigen Ansatz verfolgt.
Modular aufgebaute Materialtrocknung und ‑logistik
Der Aufbau der Anlage ist modular aus Einzelkomponenten, es gibt keinen zentralen Trockenlufterzeuger. Das hat den großen Vorteil, dass sich die Anlage jederzeit unkompliziert an sich verändernde Bedürfnisse anpassen lässt.
„Der Energiebedarf unserer Trockner liegt unter dem vergleichbarer Adsorptionstrockner“, erläutert Vossen. Der Rest der benötigten Energie kommt darüber hinaus kostensparend aus der Abwärme.
Im Profil
Gerhardi Kunststofftechnik GmbH
Gerhardi Kunststofftechnik zählt auf dem Markt für galvanisierte und technisch anspruchsvolle Kunststoffteile zu den größten Entwicklern und Produzenten in Europa. Etwa .600 Mitarbeiter fertigen an den Standorten Lüdenscheid, Altena, Ibbenbüren und Montgomery (USA) hochwertige Produkte für den Interieur- und Exterieurbereich der Automobilindustrie. Produkte von Gerhardi verleihen zahlreichen namhaften Marken der Automobilindustrie ihre glanzvolle Metalloberfläche. Das umfassende Know-how befähigt die Mitarbeiter, anspruchsvolle, technologische Lösungen zu entwickeln und umzusetzen. Die veredelten Oberflächen sind ein entscheidender Teil des technologisch innovativen Designs zahlreicher Automarken. Um die Anforderungen des Marktes zu erfüllen, nutzen die Kunststoffspezialisten unter anderem modernste Produktionstechnik sowie eine ausgeprägte Innovationsstrategie. Bei allen Tätigkeiten und Prozessen ist den Verantwortlichen ein fortlaufender Verbesserungsprozess wichtig.
Das Erwärmen der Luft erfolgt bei Gerhardi umweltfreundlich und effizient und entsteht zum großen Teil über die sonst überschüssige Abwärme aus der Galvanik. Das 90 °C warme Wasser von dort heizt über zwei Wärmetauscher die Luft in den Anlagen. Dieses Verfahren reduziert den Primärenergieeinsatz deutlich.
Nachhaltige Verwendung von Abwärme
Messsysteme und Sensorik ermitteln im gesamten System den Energieverbrauch. Der Stromverbrauch kann detailliert in allen Bereichen nachverfolgt werden. Dank der Verwendung der Abwärme aus der Galvanik muss Gerhardi dort kaum noch elektrisch Wärme produzieren.
Auffällig im Vergleich zu konventionellen Adsorptionstrocknern ist, dass die Drucklufttrockner kaum Wärme abgeben. Das ist in mehrerlei Hinsicht energieeffizient: Die Trockner arbeiten mit einem hohen Wirkungsgrad, und es gibt keinen unerwünschten Wärmeeintrag in die Halle, der dann – abermals mit hohem Energieeinsatz – wieder kompensiert werden müsste.
Idealer Trocknungsprozess
Darüber hinaus ermöglichen die Zweikreis Drucklufttrockner qip einen exakt regelbaren Trocknungsprozess. Während sich beispielsweise die Aufnahmefähigkeit des Trocknungsmittels eines Adsorptionstrockners schleichend verändert und quasi „verschleißt“, bleibt das Dekompressionsverhältnis beim Drucklufttrockner dauerhaft konstant und kann in Temperatur und Menge geregelt werden.
Die Trocknungszeit bleibt gleich, und auch ein Unter- oder Übertrocknen des Granulats ist ausgeschlossen. „Beim Drucklufttrockner ist die Zielfeuchte, bei dem sich der Kunststoff optimal verarbeiten lässt, sehr exakt definierbar“, betont Vossen. „Das Resultat ist ein sehr stabiler Prozess ohne Schwankungen, der zudem stets reproduzierbare Ergebnisse liefert.“ Ein weiterer Vorteil der Drucklufttrockner ist ihr Aufbau, der ohne allzu viel Wartung auskommt.
Mein Standpukt
Nachhaltigkeit im Fokus
Nicht erst seit den massiv gestiegenen Energiepreisen stehen energieintensive Prozesse auf dem Prüfstand. Gestiegenes Umweltbewusstsein und auch – Stichwort EU-Taxonomie für nachhaltige Aktivitäten – entsprechende Vorschriften und gesetzgeberische Regelungen tragen das Ihre dazu bei, dass eine nachhaltige Nutzung der Ressource Energie immer stärker in den Vordergrund rückt. Mit Wenz haben die Kunststoffexperten bei Gerhardi einen Partner, der bei der Komplettlösung für die Granulatlogistik Ökologie und Ökonomie durchgängig miteinander vereint. Eine langjährige Partnerschaft, ganz auf dem neuesten Stand der Zeit. Richard Pergler
Auch das Umfeld der Trockner ist durchdacht und in seinen einzelnen Bestandteilen zu einer sicheren Logistikkette ausgebaut. Mit einem zentralen codierten und digitalisierten Materialbahnhof stellt Wenz sicher, dass das richtige Kunststoffmaterial seinen Weg verwechslungssicher und in optimaler Beschaffenheit an der Spritzgussmaschine zur Verfügung steht.
Optimaler Granulatuzustand dank ausgefeilter Materialtrocknung und ‑logistik
Da die Ansprüche an die Spritzgussteile nicht nur aufgrund der Galvanisierung oder Lackierung sehr hoch sind, muss auch das Granulat den Spritzgussmaschinen in optimalem Zustand zugeführt werden. Wenz hat dafür an den Maschinen Staubabscheider installiert, die feinste Partikel aus dem Granulat entfernen. „Damit holen wir relativ viele Verunreinigungen aus dem Granulat“, betont Vossen.
„Die wartungsarme, energieeffiziente Gesamtlösung von Wenz hat uns auf ganzer Linie überzeugt“, betont Vossen. „Sie ist ein wichtiger Baustein zur Sicherung unserer hohen Qualitätsstandards und zugleich ein wesentliches Element im Energiekonzept unseres neuen Werks. “