Das Fraunhofer-Institut für Produktionstechnik und Automatisierung IPA zeigt mit einer aktuellen Studie, wie produzierende Unternehmen effizient und nachhaltig zu Zero Emission kommen und ihren Ausstoß an Treibhausgasen deutlich reduzieren können. Im Auftrag der Unternehmensberatung Ingenics AG haben Forscher am Fraunhofer IPA eine Studie ausgeführt, die zeigt, welche Maßnahmen in der Branche schon eingesetzt werden und wo noch Handlungsbedarf besteht.
Am guten Willen fehlt es nicht: „Viele Unternehmen sind auf dem Weg zu Zero Emission und haben sich ambitionierte Ziele gesetzt. Woran es allerdings oft hapert, sind Strategien, Ressourcen und Know-how“, berichtet Steffen Kiemel. Im Auftrag der Unternehmensberatung Ingenics AG hat der Forscher am Fraunhofer IPA die Studie „Emissionsintensität von Produktions- und Fabrikstrukturen – Der Weg zu Zero Emission“ koordiniert.
Produzierende Unternehmen müssen Emissionen reduzieren
Derzeit trägt die Industrie 24 Prozent zur globalen Treibhausgas-Emission bei. Um das im Pariser Abkommen 2015 definierte Klimaziel – eine Begrenzung der Erderwärmung auf deutlich unter 2 °C, besser 1,5 °C, im Vergleich zum vorindustriellen Zeitalter – zu erreichen, muss auch das verarbeitende Gewerbe in den nächsten Jahren massiv Emissionen reduzieren. Im Idealfall auf null: Zero Emission.
Im Fokus
Fraunhofer-Institut für Produktionstechnik und Automatisierung IPA
Das Fraunhofer-Institut für Produktionstechnik und Automatisierung IPA, kurz Fraunhofer IPA, ist mit annähernd 1200 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern eines der größten Institute der Fraunhofer-Gesellschaft. Der gesamte Haushalt beträgt 82 Mio.Euro. Organisatorische und technologische Aufgaben aus der Produktion sind Forschungsschwerpunkte des Instituts. Methoden, Komponenten und Geräte bis hin zu kompletten Maschinen und Anlagen werden entwickelt, erprobt und umgesetzt. 19 Fachabteilungen arbeiten interdisziplinär, koordiniert durch sechstrie zusammen. An der wirtschaftlichen Produktion nachhaltiger und personalisierter Produkte orientiert das Fraunhofer IPA seine Forschung.
Für die Unternehmen ist dies eine enorme Herausforderung, aber auch eine Chance, Ressourcen einzusparen, ihre Resilienz zu steigern und Marktchancen zu verbessern. Die Krisen, die wir gerade erleben und die daraus resultierende unsichere Versorgungslage macht ökologisch nachhaltiges Wirtschaften neben der gesellschafts- und umweltpolitischen Notwendigkeit zunehmend zum Wettbewerbsfaktor.
Maßnahmen zur Nachhaltigkeit im Bereich produzierende Unternehmen
Aus der Erfahrung mit ihren Industrieprojekten wissen die Forscher, dass Maßnahmen in Richtung Nachhaltigkeit immer langfristig wirken. Für den unternehmerischen Erfolg benötigt das verarbeitende Gewerbe Instrumente zur Einordnung der eigenen Bemühungen und Ziele. Außerdem müssen Unternehmen in die Lage versetzt werden, geeignete und wirkungsvolle Maßnahmen zur Emissionsreduktion zu identifizieren und in machbare Teilschritte herunterzubrechen.
Genau hierfür liefert die Studie die Fakten. 186 Unternehmen aus Deutschland, Österreich und der Schweiz – unter ihnen Automobilbauer und ‑zulieferer, Hersteller von Elektrotechnik, Elektronik und Konsumgütern, Maschinen und Anlagenbauer – haben die Forscher zu ihren Klimazielen, zu ihrer Motivation und den Herausforderungen bei der Umsetzung befragt. Mit einigen ausgewählten Unternehmern führten die Forscher vertiefende Expertengespräche, in deren Zentrum erfolgreiche Maßnahmen zur Reduktion der Emissionen standen.
Zero Emission: Der Status quo
Der erste Teil der Studie zeigt, inwieweit Unternehmen die Emission von Treibhausgasen erfassen, bewerten und reduzieren. „Wir wissen jetzt, dass die große Mehrzahl der befragten Unternehmen, etwa 80 Prozent, bereits Klimaziele festgelegt hat“, berichtet Kiemel. „Drei Viertel davon haben auch schon eine Klimastrategie etabliert. Dies ist ein wichtiger Meilenstein zur Erreichung eigener Klimaziele.“ Die großen Unternehmen – insbesondere die Automobil- und Luftfahrtbranche sowie der Maschinen- und Anlagenbau – sehen sich hier als Vorreiter. Kleinen und mittleren Unternehmen fehlt der Studie zufolge oft noch eine zielgerichtete Strategie. Potenziale zur Emissionseinsparung sind den meisten befragten Unternehmen zwar bekannt. Bei der Identifikation weiterer Maßnahmen und bei der Umsetzung wünschen sich jedoch 62 Prozent externe Unterstützung.
Zero Emission: Was nutzt es? Was kostet es?
Motivation und Herausforderungen beim Erreichen der Klimaziele behandelt der zweite Teil der Studie. Als Motiv für eine Verringerung der Emissionen wird an erster Stelle eine Erhöhung der Wettbewerbsfähigkeit genannt. An zweiter Stelle steht die Unabhängigkeit von Energiepreis-Steigerungen. Eine Herausforderung sehen viele der Befragten zudem in den hohen Investitionen und dem Mangel an technologischen Lösungen.
Zero Emission: Wie es weiter geht
Doch welche Maßnahmen sind überhaupt sinnvoll? Der dritte Teil der Studie geht dieser Frage auf den Grund. Mit Literaturrecherche und Expertengesprächen konnte das Team am Fraunhofer IPA Maßnahmencluster zur Emissionsverringerung für fünf verschiedene Handlungsfelder identifizieren. Diese haben die Forscher in der empirischen Untersuchung außerdem auch hinsichtlich ihrer Umsetzungshäufigkeit abgefragt. An erster Stelle steht im Handlungsfeld Energie die effiziente Gebäudetechnik, gefolgt von der Eigenerzeugung regenerativer Energien. Im Handlungsfeld Unternehmensstrategie hat es sich bewährt, klare Verantwortlichkeiten im Unternehmen zu benennen und zudem eine Klimastrategie auf strategischer Ebene zu verankern. Und im Handlungsfeld Materialeinsatz in Produktion und Produkt steht darüber hinaus ein wirkungsvolles Qualitätsmanagement ganz oben auf der Liste.
Das Bereitstellen einer Ladeinfrastruktur und die Optimierung der Logistikplanung sind bewährte Maßnahmen, mit denen sich die Emission im Handlungsfeld Mobilität reduzieren lässt. Und im Handlungsfeld Fabrikstruktur lassen sich mit Lean Production die Emissionen senken. Diese Methode hilft, sparsam und effizient mit Ressourcen umzugehen und so Verschwendung zu vermeiden.
Produzierende Unternehmen auf dem Weg zu Zero Emission
Die in der Studie vorgestellten Maßnahmen bewerten die Forscher am Ende nach ihrem ökologischen Nutzen, ihrer Übertragbarkeit auf andere Unternehmen und ihrem Umsetzungsaufwand. Best-Practice-Beispiele zeigen außerdem, mit welchen konkreten Maßnahmen ausgewählte Unternehmen in den fünf Handlungsfeldern ihre Emissionsintensität deutlich verringern konnten. „Unser Ziel war es, einen Überblick zu schaffen“, resümiert Kiemel. „Mit Hilfe der Studie können Unternehmen jetzt ihre Bemühungen, die Emissionen zu reduzieren, branchenspezifisch mit anderen vergleichen. Sie können darüber hinaus eigene Defizite aufspüren, voneinander lernen und sich an Best-Practice-Beispielen orientieren.“
Interessierte können die Studie kostenlos als Download hier bestellen.