Im Werkzeug- und Formenbau fällt es meist schwer, Präzisionswerkzeuge unterschiedlicher Hersteller direkt miteinander zu vergleichen. Schließlich sind ständig andere Teile mit unterschiedlichen Ansprüchen zu fertigen. Als Mapal bei der Umformtechnik Radebeul GmbH die Chance bekam, die komplette Bearbeitung eines Gesenks zu übernehmen, waren die Fertiger dort insbesondere von der Zeitersparnis im Gesamtprozess verblüfft. Die Umformtechnik Radebeul (UFT) ist Spezialist für geschmiedetes Aluminium. Eine besondere Stärke des Unternehmens sind dünnwandige Gesenkschmiedeteile mit verzwickter Geometrie. Die sind vor allem dann gefragt, wenn hochwertige Produkte mehr Stabilität benötigen als gegossenes Aluminium bieten kann.

Für Motorräder großer Hersteller stellt die UFT unter anderem Gabelbrücken her. Darüber hinaus Fußbrems- und Fußschalthebel, Seitenstützen und Fußrastenplatten. Neben den teilweise feinen Formen und komplizierten Geometrien ist bei der Bearbeitung das anspruchsvolle Oberflächendesign eine Herausforderung. Außer den Zweiradteilen entstehen in Radebeul auch Gelenke und Anschlussstücke für Markisen und Skibindungen. Außerdem Kupplungen für Schläuche und andere Teile für Feuerwehrfahrzeuge. Dazu konnte das Unternehmen unter anderem Auftraggeber aus der Luftfahrt- und Elektroindustrie gewinnen. Typische Stückzahlen liegen zwischen 10 000 und 100 000 Bauteilen. Eine besondere Stärke des Werks in Radebeul sind allerdings Kleinserien und Prototypen in hoher Qualität. Dabei zeichnet sich die UFT mit kurzen Lieferzeiten aus.
Motorradschmiede mit großer Kompetenz im Fräsen
Beim Rundgang durch die Produktionshallen fällt die extrem große Fertigungstiefe auf. Für die Schmiede der UFT stellt der eigene Werkzeugbau Schmiedewerkzeuge, Abkantwerkzeuge, Fräsvorrichtungen sowie Mess- und Prüfvorrichtungen her. Prototypen werden aus dem Vollen gefräst. Eine Härterei ist ebenso im Haus angesiedelt wie eine mechanische Fertigung, wo die Bauteile ihr endgültiges Aussehen bekommen und teilweise auch montiert werden. Lediglich die Oberflächenbehandlung übernehmen Partnerunternehmen in der unmittelbaren Umgebung.

Von den insgesamt 170 Beschäftigten der UFT arbeiten 15 im Werkzeugbau. „Das sind alles gelernte Zerspanungsmechaniker“, erklärt Steffen Albrecht, Leiter der Werkzeugfertigung bei der UFT, die Leistungsfähigkeit dieses Bereichs. Gelegentlich werden auch Werkzeuge für externe Kunden hergestellt, der überwiegende Teil ist aber für den internen Einsatz bestimmt. Rund 500 fertige Schmiedewerkzeuge hat die UFT ständig am Lager, und mit jedem neuen Bauteil werden es mehr. Für den Ersatzteilmarkt mancher Kunden müssen die Werkzeuge bis zu 15 Jahre lang vorgehalten werden.
Der Gesamtprozess entscheidet über die Effizienz
Die Schmiedewerkzeuge fräsen die Werkzeugbauer aus Blöcken von Werkzeugstahl heraus. Um den Zerspanern ´Vorschläge für neue Werkzeuge zu unterbreiten, kamen den Produktspezialisten Die & Mould bei Mapal langjährige persönliche Kontakte zugute. Denn bei der UFT war man mit den vorhandenen Zerspanwerkzeugen ganz zufrieden. Trotzdem war man bereit, mit den Partnern von Mapal neue Wege auszuprobieren.
Im Fokus
Umformtechnik Radebeul GmbH
Alles in allem reichen die Wurzeln des Unternehmens in Radebeul rund 120 Jahre zurück. Die neuere Geschichte beginnt 1957 mit der Erbauung einer Gesenkschmiede, aus der die heutige Umformtechnik Radebeul GmbH entstand. 2001 wurde die Produktionsstruktur auf Aluminiumschmiedeteile umgestellt. Seine heutige Form bekam das Unternehmen 2006 mit den Bereichen Werkzeugbau, Prototypenfertigung, Teilebearbeitung und Montage. 2017 wurde der Radebeuler Hersteller von der UKM Fahrzeugteile GmbH aus Reinsberg übernommen. Die UKM Gruppe ist Zulieferer der Automobilindustrie mit Fokus auf der Hochpräzisionsbearbeitung von Metallbauteilen. Die UFT fertigt komplexe Aluminium-Schmiedeteile für viele unterschiedliche Anwendungsbereiche. Mit rund 60 Prozent machen dabei Bauteile für Motorräder den größten Anteil aus.
Dabei stellte sich ein signifikanter Erfolg keineswegs sofort ein. Der Fräser von Mapal war zwar nicht schlechter, aber eben auch nicht besser als jener, den die Werkzeugbauer bereits hatten. Auch eine von Mapal verbesserte Version des Fräsers konnte die Werkzeugbauer nicht zum Umstieg bewegen. Das lag sicherlich auch daran, dass die Werkzeugbauer nach eigener Einschätgzung bereits auf einem sehr hohen Niveau arbeiten.
Vergleichstest im Fräsen unter identischen Bedingungen
Genaue Vergleiche im Werkzeug- und Formenbau sind schwierig. Normalerweise wird schließlich immer nur ein Bauteil gefertigt. Denn es kommt dann ja nicht sofort wieder das gleiche Teil, das man mit den Werkzeugen eines anderen Herstellers zum Test bearbeiten könnte. Anhaltspunkte können da nur Vergleiche bei besonders kritischen Arbeitsschritten liefern, wobei Erfahrungswerte der Fertiger mit einfließen. Zwar kommt es auch bei der UFT nur sehr selten vor, dass zwei gleiche Teile zu fertigen sind. Das war jedoch anders, als es um Schmiedewerkzeuge zur Produktion von Fußrasten für einen großen Motorradhersteller ging. Denn hier sollten die Werkzeugbauer dafür gleich zwei Gesenke herstellen. Bei sehr brisanten Werkzeugen verwendet die Produktion Wechseleinsätze, um den Prozess ohne große Störungen laufen lassen zu können. Von den Fußrasten stellt die UFT 20 000 Stück pro Jahr her. Ein Gesenk schafft etwa 10 000 Teile, ehe es ausgewechselt werden muss.

Eine ideale Gelegenheit, um die Werkzeuge zweier Hersteller unter identischen Bedingungen gegeneinander zu testen. Und zwar mit denselben Aufnahmen und auf derselben Maschine, einer Hermle C40. Zudem handelte es sich um ein anspruchsvolles Bauteil mit einer aufwendigen Bearbeitung. Beim Zerspanen des Gesenks bleibt am Ende weniger als die Hälfte des Materials stehen. Um alle Konturen herzustellen, tauchen relativ kleine Werkzeuge teilweise tief ins Material hinein.
Im Gesamtprozess kommt es auf die richtige Vorarbeit an
Die Werkzeugbauer haben beschlossen, die Mapal-Experten ein Bauteil komplett von A bis Z bearbeiten zu lassen. So wollten sie feststellen, was der Werkzeughersteller tatsächlich kann. Von den Testbedingungen her hätte das besser nicht sein können.. Die Mapal–Fachleute nutzten den eingeräumten Freiraum und erarbeitete eine Bearbeitungsstrategie. Um Geometrien abzugleichen und Probleme mit Abmaßen und Störkonturen zu vermeiden, orientierten sie sich dabei an den bislang eingesetzten Werkzeugen. Sie wählten 18 passende Werkzeuge aus dem Portfolio von Mapal aus, die gegen den Status Quo antreten sollten. Gegen den bewährten klassischen Rundplattenfräser schickte Mapal seinen Hochvorschubfräser NeoMill-4-HiFeed-90 ins Rennen. Das Ergebnis verblüffte die Fertiger in Radebeul. Denn die Bearbeitungszeit konnte man mit den Mapal-Werkzeugen um 28 Prozent reduzieren. Sie waren beeindruckt, als sie feststellten, dass sie bei einem einzigen Bauteil so viel Arbeitszeit und damit Geld einsparen können.

Für die Mapal-Spezialisten ist es wichtig, dass sie das Bauteil von Anfang an bearbeiten zu dürfen. Wenn nämlich der Anwender mit seinem bisherigen Werkzeug schruppt und sie erst danach zum Zug kommen, herrschen beim Start nicht unbedingt optimale Bedingungen. Anders, wenn die Spezialisten von vornherein eine Bearbeitung mit ihrem Werkzeug und ihrer Strategie beginnen. Dann haben sie die Bedingungen in der Hand, auf die sie mit ihrem Schlichtwerkzeug aufbauen können. Das macht eine ganz andere Herangehensweise möglich. Den Gesamtprozess zu sehen vom rohen Klotz bis zum fertig geschlichteten Bauteil ist daher viel zielführender.
Fräsen mit agileren Werkzeugen
Um beste Voraussetzungen für die nachfolgenden Bearbeitungsschritte zu schaffen, setzten die Mapal-Experten auf einen 35-mm-Fräser anstelle des bisherigen 52-mm-Fräsers. Die Werkzeugbauer bei UFT wunderten sich darüber sehr. Sie waren skeptisch, weil sie bei diesem Größenunterschied nicht glauben wollten, dass das kleine Werkzeug schneller arbeiten könnte. Aber das Team von Mapal hatte für diese Wahl gute Gründe. Für die vorhandenen SK40-Maschinen sind ihrer Ansicht nach die 52er-Fräser schlichtweg zu groß. Das Potenzial des größeren Werkzeugs konnten die Werkzeugbauer damit nicht ausschöpfen. Der gewählte kleinere Hochvorschubfräser NeoMill-4-HiFeed-90 hingegen konnte genau die Schnittdaten fahren, die das Werkzeug braucht. Mit weniger Arbeitseingriff und geringerer Zustelltiefe konnte die Maschine letztendlich schneller arbeiten.

Zur Zeitersparnis im Prozess trägt noch ein weiterer Umstand bei. Der kleinere Fräserdurchmesser ermöglicht eine konturnähere Bearbeitung, bei der in den Ecken weniger Restmaterial stehen bleibt. Das reduziert den Aufwand bei der weiteren Bearbeitung. Und das ist im Gesamtprozess entscheidend. Allein beim Schlichten können die Zerspaner kaum kürzere Zeiten erreichen, weil hier bei den meisten Anwendern die Maschine der limitierende Faktor ist. Daher gilt es, schon beim Schruppen die besten Voraussetzungen zu schaffen, um insgesamt im Gesamtprozess Zeit zu gewinnen.
Zeit sparen über den Gesamtprozess
Aufgrund des äußerst positiv verlaufenen Projekts will die UFT die Zusammenarbeit mit Mapal weiter ausbauen und weitere Bearbeitungen gemeinsam angehen. Mit Mapal haben die Werkzeugbauer einen Partner, der weiß, was er macht. Das ist nach den Erkenntnissen der Werkzeugmacher heute keine Selbstverständlichkeit mehr. Von Vorteil ist dabei eine feste Kontaktperson, die helfen kann oder Tipps gibt, wenn ein Problem auftaucht. Das ist eine gute Basis für die Zusammenarbeit.

Ausgehend von einer Liste der bisher eingesetzten Werkzeuge haben die Werkzeug- und Formenbauspezialisten von Mapal ein aus 60 Werkzeugen bestehendes Standardportfolio ausgearbeitet, mit dem die UFT praktisch alle anfallenden Aufgaben bewältigen kann. Den Großteil der Werkzeuge für den Werkzeug- und Formenbau kann Mapal binnen 24 Stunden an den Anwender ausliefern. Auch spezielle Werkzeuge können sie auf Anfrage herstellen. Damit ergeben sich im Gesamtprozess Einsparungen mit Mapal-Werkzeugen, selbst wenn man vom bisherigen Werkzeugverbrauch ausgeht. Ziel sind allerdings weitere Kostensenkungen über eine Reduzierung des Verbrauchs mit den neuen Tools.
Die Werker haben ihr Lieblingswerkzeug
Ein Fräser von Mapal ist übrigens binnen kurzer Zeit zum Liebling der Maschinenbediener avanciert. Der OptiMill-3D-HF-Hardened ist ein extrem leistungsfähiges VHM-Schruppwerkzeug. Es ist von weichem Baustahl bis hin zu 68 HRC hartem pulvermetallurgischen Werkzeugstahl einsetzbar. Dass das Werkzeug so gut ankommt, hat seine Gründe. Es ist laufruhiger als der Vorgänger, schneidet weicher und ist damit schon von der Lautstärke her angenehmer. Die Bediener wissen, bis zu welcher Standzeit sie mit dem Werkzeug bedenkenlos arbeiten können, ehe sie während der Bearbeitung genauer hinhören müssen.
Weitere gemeinsame Projekte über das Fräsen hinaus
Als weiteres gemeinsames Projekt ist die Einführung des Werkzeugausgabesystems Unibase‑M im Gespräch. Das soll nicht nur der Werkzeugbau der UFT nutzen, sondern auch dieer mechanische Endbearbeitung gleich nebenan. Dort sind ebenfalls Werkzeuge von Mapal im Einsatz, doch ist auch die Einlagerung von Fremdwerkzeugen in das System möglich. Über das digitale Werkzeugmanagement c‑Com können die Verantwortlichen den Werkzeugbestand überwachen und stets bedarfsgerecht halten. Das lernfähige System sorgt dafür, dass möglichst wenige Werkzeuge eingelagert sind, der Anwender aber stets voll handlungsfähig ist. Denn schließlich soll die Produktion reibungslos laufen.